… seid wachsam!
Im Nachgang zur Demo vom 1. August hatte ich geschrieben, dass Demokratie manchmal ganz schön schwierig sein kann. Das wurde am vergangenen Wochenende hier in Berlin wieder sehr deutlich.
Nach den Erfahrungen, eben vom 1. August, und den Drohungen im Netz gegen Personen, die in einer Morddrohung gegen den Innensenator Berlins gipfelten, glaubten viele, dass man die Demo am Sonnabend verbieten könnte. Ich betone es gerne nochmals, das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut unserer Demokratie. Der Innensenator Berlins hat das Verbot dann auch veranlasst und sogleich von allen Seiten herbe Kritik einstecken müssen. Mal zur Erläuterung, als Innensenator kann er eine Demonstration verbieten lassen, wenn es für ein Verbot triftige Gründe gibt.
Die Veranstalter der Demonstration klagten dagegen vor dem Verwaltungsgericht in Berlin, nahmen also demokratische Rechte in Anspruch, obwohl sie die Demokratie in der Bundesrepublik nicht mehr wahrhaben möchten, und der Grund ihrer Demo ja die Abschaffung der Demokratie in der Bundesrepublik ist. Und siehe da, die Demokratie und die Gewaltenteilung scheinen doch noch zu funktionieren. Denn die Demo wurde unter strengen Auflagen, dazu später mehr, genehmigt. Dieses Urteil hatte dann auch in der nächsten Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht Bestand.
Wobei ich die Aussage eines Richters vor den Kameras dann doch eher etwas blauäugig fand, als er sich äußerte, dass die Einhaltung der Mindestabstände und der Maskenpflicht Sache des Veranstalters sei. Damit, so finde ich, machte es sich das Gericht etwas zu einfach. Denn das hatte schon die Demo vom 1. August, die von der Polizei, eben wegen der zahlreichen Verstöße, aufgelöst wurde, gezeigt, dass das nie funktionieren kann.
Somit marschierten am Sonnabend über 30.000 Menschen los. Ohne Sicherheitsabstände und kaum mal mit Mund-, Nasenschutz. Es gibt unter diesen Menschen bestimmt eine Anzahl, die eben der Meinung sind, dass die Maßnahmen der Regierung eher unverhältnismäßig sind. Wenn das ihre Meinung ist, so muss man das aushalten können. Nur müssen diese Menschen auch aushalten können, dass man kein Verständnis dafür hat, dass sie mit Nazis, Antisemiten und Reichsbürgern in einer Reihe marschieren ohne sich auch nur im geringsten daran zu stören. Spätestens als diese versuchten, den Reichstag zu stürmen, sollte ihnen klar geworden sein, mit wem sie sich hier einlassen und wem sie zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen. Wer es nun noch immer nicht begriffen hat, dem ist wohl nicht mehr zu helfen.
Wenn ich Nazisymbole und Reichsfahnen auf den Stufen des Reichstages sehe, dann kommt mir das Kotzen um es mal völlig ungeschönt auszudrücken. Und wer sich vor den Karren solcher Antidemokraten spannen lässt, der soll dann nicht später sagen, davon habe ich nichts gewusst.
Eines ist sicher, die Demokratie hat am Wochenende erheblichen Schaden genommen. Auch wenn die demokratischen Instanzen funktionierten. Nur das haben die, die davon überzeugt sind, dass die Demokratie in diesem Land abgeschafft wurde, wohl ohnehin nicht begriffen.
Zumal diese Rabaucken ganz offen ihren Hass und ihre vervotenen Symbole zur Schau tragen, ohne offenbar entsprechend bestraft zu werden. Die lachen sich noch ins Fäustchen und einige Richter wollen das unter „Meinungsfreiheit“ abwinken, Nur, HASS IST KEINE MEINUNG!
LikeLike
Und eben so durchsichtig ist die Distanzierung der Veranstalter, die gestern erfolgte. Das geschah doch nur, damit weitere Demonstrationen erlaubt werden und sie scheinheilig verkünden können, sie hätten sich von den Vorkommnissen des Sonnabends distanziert. Um dann bei der nächsten Demo wieder Seite an Seite mit ihnen zu marschieren.
Wie lange möchten sich Richter eigentlich noch am Nasenring durch die Manege ziehen lassen? Schon für ein Verbot der Demo am Sonnabend gab es, nach meiner Meinung, genug Gründe um sie zu verbieten.
LikeGefällt 1 Person
Ein Verbot von Grundrechten ist immer so eine Sache.
Aber die Einschränkungen wurden nicht eingehalten, Randale gemacht, verfassungsfeindliche Symbole offen zur Schau getragen, Angriff auf Polizisten – und dann muss man ebenso wie bei den G20 Idioten eben durchgreifen.
Ich verstehe einige Richter auch nicht mehr.
LikeLike
Natürlich ist das eine schwierige Entscheidung. Und muss auch tatsächlich die letzte Möglichkeit sein. Doch für die Demo am Sonnabend gab es im Vorfeld schon solch massive Drohungen auch gegen das Leben des Innensenators und der Bundeskanzlerin, der Sturm auf den Reichstag war angekündigt und, dass man sich nicht an die Masken- und Abstandsregel halten würde.
LikeGefällt 1 Person
Ich sehe das ähnlich und hätte die Kundgebung (wenn man es denn so noch bezeichnen kann) auch verboten, eben weil schon die An/Abreise Unbeteilige gefährdet hätte – und das gepaart mit den Ankündigungen (von denen man sich auch nicht distanziert hatte) hat deutlich aufgezeigt, was da abgehen wird.
LikeLike
Und an die Leute aller Couleur, die gestern Abend noch schnell ihre Betroffenheits- Botschaften unters Volk brachten: diese Fahnen und Symbole sind überall beschmend und nicht nur vor deren eigener Haustür. aber da hat man ja Jahrzehnte lang weggeschaut. Dinge nicht beim Namen genannt, alles „Einzelfälle“ etc.
LikeGefällt 1 Person
Seit über 12 Jahren warne ich im Netz davor, dass es in Deutschland eine starke rechte Bewegung gibt und die Gefahr in diesem Land nicht von links, sondern von rechts ausgeht.
Du glaubst nicht, wie ich dafür besonders in der Anfangszeit angefeindet wurde.
LikeGefällt 2 Personen
Man hat es in diesem Land leider verlernt, Dinge öffentlich beim Namen zu nennen – das fällt manch einem jetzt auf die Füße, scheint es.
In der SZ ist übrigens ein fein differenzierter Blick aufs letzte Wochenende zu finden:
https://www.sueddeutsche.de/politik/prantls-blick-corona-demos-1.5015255
LikeLike
Der Artikel ist sehr gut geschrieben.
LikeGefällt 1 Person
„Aber wer sich mit Menschenfeinden gemein macht, verliert die Berechtigung, sich als demokratischer Widerständler zu bezeichnen.“
Perfekt!
LikeLike