Oh je das war ein Spruch von Oma und Opa, den ich nicht verstehen konnte. Sie hatten 2 Weltkriege erlebt und fanden in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, dass es früher besser war.
Wenn ich an meine Kindheits- und Jugendzeit zurück denke frage ich mich manchmal, war früher nicht doch alles besser? Waren die 50er ja die 60er Jahre nicht die „Goldenen Jahre“ des 20sten Jahrhunderts? Ertappe ich mich manchmal nicht dabei, selbst zu denken, dass früher alles besser war? Als man noch Respekt vor dem Alter hatte, als in Bus und Bahn älteren Menschen Platz gemacht wurde, wenn kein Sitzplatz mehr frei war. Wie oft hörte ich damals in meiner Jugendzeit den Spruch, „da kannst Du noch gar nicht mitreden, komme erst einmal in unser Alter“. Die, die das sagten waren oftmals gerade mal ein paar Jahre älter. Kamen sich jedoch furchtbar Erwachsen vor. Niemals hätten wir uns gewagt mit 11 oder 12 Jahren einen Erwachsenen um Feuer für eine Zigarette zu bitten. Wir hätten wohl eine gefeuert bekommen.
Polizisten waren Respektspersonen und uns wurde immer wieder gesagt, wenn ihr euch verlaufen habt, dann fragt einen Polizisten wie ihr nach Hause kommt, die helfen euch. Ja ich glaube das war früher vielleicht besser. Überhaupt hatten Menschen mehr Respekt voreinander. Waren nicht so hektisch und eine Grundaggression war bei den meisten auch nicht vorhanden. Jedoch war alles so piefig, so miefig ja eigentlich auch verlogen. Wie oft hörte ich in den 50er ja sogar noch in den 60er Jahren den Spruch, „bei Adolf wäre das nicht passiert“. Oder noch schlimmer, „wenn das der Führer wüsste“. Unglaublich 20 Jahre nach dem Zusammenbruch des 3. Reiches noch solche Sprüche loszulassen.
In den Schulen gab es noch die Prügelstrafe. Wir mussten still sitzen, und wenn der Lehrer morgens ins Klassenzimmer kam, aufspringen und „guten Morgen Herr Lehrer“ sagen. Während des Unterrichts war es mucksmäuschenstill und wehe es hielt sich einer nicht daran. Dann gab es mindestens eine Strafarbeit, Nachsitzen oder man musste sich in die Ecke stellen. Ja so war das in der Schule der 50er und 60er Jahre, jedenfalls in Franken. Die Lehrer waren größtenteils im Krieg gewesen und einigen merkte man den Wehrmachtstrill auch noch sehr deutlich an.
Tja waren das die „Goldenen“ 50er und 60er Jahre? Im Rückblick sieht man, so glaube ich, die Vergangenheit wohl immer etwas verklärt. Ehefrauen durften ohne Erlaubnis ihres Ehemanns weder den Führerschein machen, noch eine Arbeitsstelle annehmen. Die Frau gehörte an den Herd. Also genau so, wie in der CSU noch heute gedacht wird. Also besser war das keinesfalls.
Jedoch hatten wir Freunde waren sehr kreativ in unserer Freizeit und hatten eigentlich auch nie Langeweile. Für unsere Ritterspiele bastelten wir uns Helme aus Schuhkartons, Schilder aus Sperrholz und Schwerter aus alten Besenstilen, die wir in der Nachbarschaft sammelten. Die Schwerter malten wir mit Ofenrohrbronze, kennt man heute wahrscheinlich nicht mehr, an um sie echt aussehen zu lassen. Auf unsere Schilde malten wir kunstvoll unsere Wappen und dann ging es los mit den Ritterspielen.
Nahte der Frühling, sagte meine Mutter, „ich werde mal lieber das Pflaster und Verbandszeug auffüllen, du kommst bestimmt bald mit einigen Blessuren nach Hause“. Klar es begann die Zeit der Fußballspiele hinterm Haus und später im Verein. Was haben wir abends rumgebolzt und fast die gesamte Nachbarschaft schaute uns zu. Niemand war genervt und wir wurden von den Erwachsenen sogar angefeuert. Klar es gab schon mal eine aufgeplatzte Lippe oder ein blaues Auge, na und, dafür waren wir aber draußen und hatten mächtig Spaß.
Vor dem neuen Skiwinter mussten wir unsere Bretter für die Skisaison fit machen. Oh, wenn ich mich an den Küchentisch erinnere, wie der nach der „Pflege“ meiner Ski aussah, ich bewundere, mit welcher Ruhe meine Mutter das hinnahm. Ich weiß nicht mehr, was ich aufgetragen hatte, es war jedenfalls ein rötliches Zeug um die Gleitfähigkeit zu erhöhen. Und so sah der Tisch dann auch aus. Aber es war ein voller Erfolg. Das merkte ich spätestens bei der ersten Abfahrt.
Da ich in Franken groß wurde, lag das Fichtelgebirge vor unserer Haustür. Mein Vater war bei der Bergwacht und so konnte ich fast eher Ski fahren als laufen. Wenn ich mir heute die Stellen ansehe, die wir früher hinab sausten, frage ich mich, ob ich etwas bescheuert war. Aber wir waren jung und wer sollte uns bremsen. Massentourismus gab es noch nicht und so konnten wir uns austoben. An den Winterwochenenden sind wir morgens um 6:30 Uhr mit dem ersten Zug nach Warmensteinach gefahren und mit dem Letzten gegen 17:00 Uhr nach Hause. Niemand machte sich Sorgen um uns, obwohl wir damals bestimmt erst 12-13 Jahre alt waren und ohne Erwachsene fuhren. Wir waren eben selbstständig. Handys gab es zum Glück noch nicht.
Ich kann behaupten ich hatte eine wunderbare Kindes- und Jugendzeit in der Langeweile für mich ein Fremdwort war. Und das, obwohl mein Vater verstarb, als ich gerade mal 9 Jahre alt war. Wahrscheinlich gewährte meine Mutter mir deshalb so viel Freiheiten.
Aber war jetzt wirklich alles besser damals? Manches wahrscheinlich schon. Jedoch empfindet man seine Kindes- und Jugendzeit fast immer als eine der schönsten im Leben.